Verkehrssicherheit auf der Straße „Am Dornbusch“ kurzfristig erhöhen

Am 09.03.2020 beantragte die CDU-Fraktion in der Bezirksvertretung Münster-Hiltrup, die Verkehrssicherheit auf der Straße Am Dornbusch zwischen Pater-Kolbe-Straße und Böckenhorst zu erhöhen, die zulässige Höchstgeschwindigkeit auf 30 km/h zu senken und den mit ca. 120 cm eh schon sehr schmalen, gemeinsamen Geh- und Zweirichtungs(!)radweg ausschließlich als Gehweg auszuweisen: Antrag an die BV Hiltrup, Vorlage A-H/0005/2020

FUSS e.V. kann diese Forderung nur ausdrücklich unterstützen!

Zur Erinnerung: Ein Gehweg hat laut Empfehlungen für Fußverkehrsanlagen (EFA 2002) in einer Wohnstraße mindestens 2,10 Meter, in einer Durchgangsstraße mindestens 3,30 Meter breit zu sein. Ein benutzungspflichtiger Zweirichtungsradweg hat laut Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrsordnung (VwV-StVO) mindestens 200 cm, möglichst 240 cm breit zu sein. Beides ist hier nicht im mindesten gegeben.


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Fußgänger- und fahrradfreundliche Städte

Die Stadtverwaltung der sich fußgänger- und fahrradfreundlich nennenden Stadt Münster, Gründungsmitglied der gleichnamigen Arbeitsgemeinschaft, redet sich raus, will das Radfahren auf dem Gehweg weiterhin in beiden Richtungen erlauben und schlägt vor,

den nördlichen Geh-/Radweg als „Gehweg — Radfahrer frei“ für beide Richtungen zu beschildern. Somit hätten Radfahrer/-innen künftig die Wahl zwischen der Fahrbahn und der Nebenanlage. Mit dieser Verkehrsregelung haben unsichere Radfahrer/-innen nach wie vor die Möglichkeit, den Gehweg zu nutzen. Dennoch werden die Fußgänger/-innen durch diese Regelung geschützt, da der Radverkehr untergeordnet wird und sich dem Fußgängerverkehr anpassen muss.

Stellungnahme zum Antrag A-H/0005/2020

Diese Regelung als Schutz der Fußgänger/-innen zu bezeichnen ist schlicht hohn – unverhohlener, verletzender, beißender Spott. Laut Empfehlungen für Radverkehrsanlagen (ERA 2010, Seite 27) unter 3.6 Gemeinsame Führung mit dem Fußgängerverkehr ist bei einer Gehwegbreite unter 2,50 Metern eine Gehwegbenutzung durch Radverkehr auszuschließen.

ADFC: Fahrräder auf die Fahrbahn

Im Februar 2020 waren wir – für die Fachgruppe Radverkehr des ADFC Münsterland – bereits vor Ort und haben Bilder gemacht – der ADFC plädiert dort aus Sicherheitsgründen für die Aufhebung der Radwegebenutzungspflicht. Die mäßig befahrene Straße, durch wechselseitiges Parken eh verkehrsberuhigt, kann gefahrlos mit dem Fahrrad befahren werden. Gefahren entstehen erst durch Begegnungen von Radfahrenden auf dem benutzungspflichtigen Fuß- und Radweg oder Konflikte mit zu Fuß Gehenden. Der Fußweg ist so schmal, dass nicht einmal „genügend Platz für den unbehinderten Verkehr von Fußgängern gegebenenfalls mit Kinderwagen oder Rollstuhlfahrern auch im Begegnungsverkehr bleibt„, wie es die eingangs erwähnte VwV-StVO mit Blick auf das Verkehrszeichen 315 (Parken auf Gehwegen) fordert.

Tempo 30

Die Stadtverwaltung nimmt auch Bezug auf die Forderung, die zulässige Höchstgeschwindigkeit auf 30 km/h zu senken:

Tempo-30-Zonen dürfen nach der Straßenverkehrsordnung (StVO) nicht auf klassifizierten Straßen eingerichtet wer- den. Bei der Straße „Am Dornbusch“ handelt es sich um eine Kreisstraße, so dass die Einrichtung einer Tempo-30-Zone rechtlich nicht möglich ist.

Stellungnahme zum Antrag A-H/0005/2020

Das ist nach 45 StVO Korrekt. Eine Tempo-30-Zone wurde jedoch gar nicht beantragt und somit fragen wir uns, ob die Stadtverwaltung dieses nur aus taktischen Gründen einbringt. Dem Autor selbst ist es schon passiert, dass sein Antragstext inhaltlich derart verfremdet wurde, dass er abgelehnt werden musste, Doch es geht hier nicht nur um das Tempo.

Da es sich – wie die Stadtverwaltung schreibt – um eine klassifizierte Kreisstraße handelt, müssen Fuß- und Radwege wesentlich breiter sein als im Bestand. Somit dürfen Fahrräder auf diesem schmalen Fußweg überhaupt nicht zugelassen werden, weder per Anordnung eines gemeinsamen Geh- und Radweges durch Zeichen 240 noch durch das Zusatzzeichen 1022-10 „Radfahrer frei„. Kinder unter 10 Jahren dürfen Fußwege im übrigen auch ohne diese Freigabe nutzen, Kinder unter 8 müssen dies sogar.

Nebenanlagen sind sehr schmal

Die Antrag stellenden führen zudem richtigerweise aus:

Die Fahrbahn ist verhältnismäßig eng und die Nebenanlagen sind sehr schmal. […] Die zulässige Höchstgeschwindigkeit beträgt dort z. Zt. 50 km/h. Die Gehwegbreite an der Bushaltestelle beträgt ca. 1 m. Die Wartenden stehen also direkt an der Fahrbahn — ohne Sicherheitsabstand zu dieser.

Auf der gegenüberliegenden Seite teilen sich die Fußgänger mit den Radfahrern den Weg. Dieser gem. Geh- und Radweg kann derzeit im Begegnungsverkehr genutzt werden. Das macht, vor allem für Kraftfahrer die ganze Situation noch unübersichtlicher. Vor allem für Kraftfahrer, die aus der Pater-Kolbe-Straße in die Straße Am Dornbusch einfahren.

Antrag A-H-0005-2020
Am Dornbusch ab Pater-Kolbe-Strasse Blickrichtung Davertstrasse. Radweg, Fußweg und Bushaltestelle auf 120 cm Handtuchbreite
Blick von der Davertstrasse
Einmündung Friedlandstrasse
Schmaler, benutzungspflichtiger Geh- und Zweirichtungsradweg
Quelle: Wikipedia.org/wiki/Gehweg

Exkurs: Radwegebenutzungspflicht

Die Radwegebenutzungspflicht nach Zeichen 240 (Gemeinsamer Fuß- und Radweg) ist eine Beschränkung des fließenden Verkehrs im Sinne von § 45 Abs. 9 Satz 2 StVO und eine Beschränkung der Benutzung der Straße im Sinne von § 45 Abs. 1 Satz 1 StVO. Diese Zeichen bedeuten nach § 41 Abs. 2 Nr. 5 Buchst. a StVO, dass Radfahrer die für sie bestimmten Sonderwege nutzen müssen. Dem entspricht § 2 Abs. 4 Satz 2 StVO; danach müssen Radfahrer Radwege benutzen, wenn die jeweilige Fahrtrichtung mit Zeichen 237, 240 oder 241 gekennzeichnet ist. Das Verkehrszeichen begründet zwar kein Verbot der Benutzung der Straße (zu der auch Radwege zählen), wohl aber einen Ausschluss der Fahrradfahrer von der Benutzung der Fahrbahn und damit eine Beschränkung in Bezug auf die allgemeine Verkehrsregel, dass Fahrzeuge einschließlich Fahrräder die Fahrbahn benutzen (§ 2 Abs. 1 StVO).

BVerwG 3 C 42.09
Bayerischer VGH München – 11.08.2009 – AZ: VGH 11 B 08.186
VG Regensburg – 28.11.2005 – AZ: VG RO 5 K 03.2192

Wenn Radfahrer auf der Fahrbahn aufgrund von Tempo 50 gefährdet sind, darf die Straßenverkehrsbehörde Tempo 30 nicht nur anordnen, sie muss es tun. Zudem: da durch wechselseitiges Parken und in die Fahrbahn integrierte Baumscheiben eh eine starke Verkehrsberuhigung vorhanden ist, kann dort bereits heute kaum schneller gefahren werden. Radfahrende können die Fahrbahn dieser Straße somit schon heute sicher nutzen. Und langsam fahrende Busse gefährden in Münster – siehe Klemensstraße, Prinzipalmarkt und Domplatz – auch niemanden.