Verkehrswende-Bündnis Münster zum aktuellen Stand des integrierten Parkraumkonzepts
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Thorsten -
March 28, 2025 at 7:40 PM -
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Stellungnahme des Verkehrswende-Bündnis Münster zum aktuellen Stand des integrierten Parkraumkonzepts
Das Verkehrswende-Bündnis ist ein Zusammenschluss von 14 Organisationen aus Münster, die gemeinsam die Verkehrswende in Münster vorantreiben wollen.
Beteiligte Organisationen: Greenpeace Münster, Fahrgastverband PRO BAHN Münsterland, Kidical Mass Münster, Interessengemeinschaft Fahrradstadt.ms, VCD Münsterland, Bürgerinitiative B51 Handorf, BUNDjugend Münster, Klimaentscheid Münster, 24 Stunden Promenade, Platanen Power, Fridays For Future Münster, FUSS e.V. Gruppe Münster, ADFC Münsterland und BUND Kreisgruppe Münster.
Wir befinden uns mitten in der Klimakrise und haben eine Ambitionslücke in der lokalen und nationalen Verkehrspolitik. Ungefähr ein Jahr nach Veröffentlichung des integrierten Parkraumkonzepts der Stadt Münster und der von uns vorgetragenen Kritik blicken wir besorgt auf den Umsetzungsstand. Die beteiligten Organisationen fordern eine Anpassung der Prioritäten und eine zügigere Umsetzung – auch und besonders der wenigen geplanten Push-Maßnahmen.
Die Basics: Globales Klima und lokale Politik
- 2024 war das heißeste Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen und das erste, welches im Mittel eine Erderhitzung von 1,5 °C über dem vorindustriellen Niveau hatte. Europa ist die sich am schnellsten erhitzende Region, in der die Temperaturen etwa doppelt so schnell zunehmen wie weltweit. (Copernicus, englisch)
- Für den Stopp der Erderhitzung sind netto null Emissionen erforderlich. Wichtiger als der Zeitpunkt, zu dem wir dies erreichen, ist die Menge der kumulativen Emissionen bis dahin. (Hauptaussagen des letzten IPCC-Berichts in der deutschen Übersetzung)
- In den Bereichen Gebäude und Verkehr reichen die deutschen Klimaschutzmaßnahmen nicht aus, sodass bei den kumulativen Emissionen bis 2030 eine Lücke zu den Zielen der EU-Klimaschutzverordnung verbleiben wird. (Sachverständigenrat für Umweltfragen)
- Eine Verlagerung weg von Verkehrsarten, die hohe Emissionen haben wie Verbrennerautos, hin zu Verkehrsarten mit niedrigen Emissionen und weniger Energieverbrauch wie Fuß-, Rad- und öffentlicher Verkehr, ist daher unbedingt notwendig. (TNMT, englisch)
- Diese Verlagerung ist nur dann erfolgreich, wenn gleichzeitig der Fuß-, Rad- und öffentliche Verkehr attraktiviert (Pull-Maßnahmen) und der private Autoverkehr unattraktiver (Push-Maßnahmen) wird. Wesentlich dafür ist ein Parkraummanagement. (Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung, Bundeszentrale für politische Bildung)
Folglich sind auch Maßnahmen zum (inner)städtischen Parken keine unwichtigen Kleinigkeiten, sondern zentrale Hebel für die kommunale Mobilitätswende.
Diese Informationen sind nicht neu und öffentlich verfügbar. Es besteht großer Handlungsdruck. In Deutschland fehlen bisher Kommunen, die echte Vorbilder für Klimaschutz in der Mobilität sind.
Vor diesem Hintergrund haben mehrere lokale Umwelt- und Verkehrswende-Verbände aus Münster im vergangenen Jahr Kritik am damals in Abstimmung befindlichen integrierten Parkraumkonzept geübt.
Es tritt ein, was wir befürchtet haben
Nun tritt anscheinend ein, was die Verbände bei dem Entwurf befürchtet haben: Während Maßnahmen, die den Kfz-Verkehr einschränken, stocken, macht man Tempo bei den Maßnahmen, die kontraproduktiv sind oder sogar die Effizienz der Kfz-Nutzung erhöhen.
- Mit der P+R-Aktion am Coesfelder Kreuz wird eine Anreise mit Kfz ab sofort attraktiviert. Klimapolitisch ist die Maßnahme fatal: Ausgerechnet der längere Teil des Weges wird weiterhin mit Kfz zurückgelegt. Die Maßnahme bewerten wir als kontraproduktiv und teilen gemeinsam die Kritik des VCD an dem ursprünglich in der Adventszeit eingeführten Angebot. Dass die Maßnahme ein relevanter Baustein der Mobilitätswende wird, glauben wir nicht. Gleichzeitig signalisiert die Stadt, die gerne Klimastadt wäre, dass Anreisen mit dem Auto eine gute Idee wären. Dies ist kontraprodutiv für diejenigen, die tatsächliche gute Alternativen zur Anreise mit dem öffentlichen Verkehr haben. Die vorhandenen Angebote müssen nicht nur ausgebaut werden, sondern stets auch im Vergleich zu einer Anreise mit dem eigenen Kfz günstiger als die Parkgebühren sein. Die Preispolitik ist ein Schlag ins Gesicht für alle, die unter den hohen Preisen des öffentlichen Verkehrs leiden.
- Die Maßnahme der Signaltafeln rund um den Ludgerikreisel in Richtung Parkhaus Arkaden wurde mit viel Ressourcenaufwand umgesetzt. Dadurch gibt es zwar nicht mehr den absurden sehr langen Rückstau vor dem Parkhaus, aber auf der anderen Seite wurde so auch die Effizienz des Parksuchverkehrs gesteigert, was unserer Einschätzung nach die Kfz-Nutzung in der Innenstadt eher attraktiviert als einer Mobilitätswende dient.
- Gehwege entsprechen weiterhin stadtweit nicht den Mindestanforderungen. Sie werden üblicherweise regelwidrig zugeparkt. Das Problem wird von der Stadt Münster weiterhin großflächig ignoriert. Punktuelle Kontrollaktionen betreffen so kleine Bereiche, dass beinahe alle Problemstellen weiter existieren.
- Im Aufsichtsrat der WBI, die für den Betrieb der Parkhäuser verantwortlich ist, hat die CDU nach Medieninformationen eine der nur drei Push-Maßnahmen aus dem integrierten Parkraumkonzept verhindert. Sie stimmten gegen den Vorschlag der WBI-Geschäftsführung und lehnten somit eine Erhöhung der Parkhausgebühren in der Innenstadt ab September 2025 ab. Nicht nur sabotieren die Vertreter*innen der CDU damit den Ratsbeschluss zum integrierten Parkraumkonzept, sie schaden auch der WBI. Denn an üblichen Samstagen sind die innerstädtischen Parkhäuser voll belegt. Kein privatwirtschaftlicher Akteur würde in einer regelmäßigen Ausverkaufssituation seine Preise beibehalten und nicht erhöhen. Die Entscheidung subventioniert den privaten Autoverkehr auf Kosten der Allgemeinheit.
Auslastung der städtischen Parkhäuser am 22.3.2025 um 13:17 Uhr laut offizieller Website der Stadt Münster. Die innerstädtischen Parkhäuser (ab Alter Steinweg abwärts) sind vollständig belegt. Die Plätze im Parkhaus Coesfelder Kreuz werden nicht korrekt ausgewiesen, dort steht beinahe den ganzen Tag 500 freie Plätze. Die ersten beiden Einträge liegen nicht direkt in der Innenstadt.
- Die flächendeckende Parkraumbewirtschaftung in der Innenstadt ist nicht umgesetzt.
- Die IHK wünscht sich währenddessen sogar mehr Parkraum in neuen Parkhäusern und behauptet, dass eine Erhöhung von Parkgebühren in den Parkhäusern der WBI nicht Gegenstand des integrierten Parkraumkonzepts wäre. Die Behauptung ist falsch: Die Ratsvorlage sieht explizit „zonal differenzierte Anpassung der Parkgebühren sowohl im innerstädtischen Straßenraum als auch in den WBI-Parkhäusern“ vor und verweist auf den Maßnahmensteckbrief 2.1. Dieser schlägt ausdrücklich eine Erhöhung der innerstädtischen Parkgebühren auf 2,50 € für jede Stunde vor. Gleichzeitig sollte das straßenbegleitende Parken auf 3,00 € für jede Stunde erhöht und auf maximal 2 Stunden beschränkt werden.
- Die Stadt hat jüngst erst nach massivem Protest davon abgesehen hat, eine alte Hainbuchenhecke für E-Ladesäulen zu zerstören. Dies unterstreicht, dass es eben nicht selbstverständlich ist, dass Erneuerungen von Kfz-Infrastrukturen keinen zusätzlichen Raum einnehmen. In der ursprünglichen Stellungnahme hatten wir dies für Carsharing-Plätze angemahnt. Die notwendige Transformation motorisierter Mobilität darf nicht zulasten der umweltverträglicheren Mobilitätsformen oder von Grünflächen stattfinden. Wir brauchen weniger Raum für Autos, nicht mehr.
Fazit: Veränderte Prioritätensetzung notwendig
Insgesamt zeigt sich ein besorgniserregendes Bild: Maßnahmen zur Effizienz-Steigerung des Autoverkehrs werden zeitnah umgesetzt, während finanzielle Lenkungsmaßnahmen nicht ausgeschöpft werden. Stadtweite strukturelle Probleme, wie das Gehwegparken werden allenfalls punktuell angegangen.
Es ist unbedingt notwendig, dass Stadt und Politik zügiger an der Umsetzung des integrierten Parkraumkonzepts arbeiten und endlich ins Handeln kommen, besonders auch bei Push-Maßnahmen. Nur dann kann das integrierte Parkraumkonzept seinen Teil zur Mobilitätswende beitragen.
Bildergalerie aus dem Südviertel-Rundgang im September 2024
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Ich gehe gern zu Fuß und mag es kommunikativ. Dafür braucht es genügend breite und freie Gehwege. Die sind in Münster leider die Ausnahme. Für gute Gehwege und weitere Verbesserungen für den Fußverkehr setze ich mich bei Münster zu Fuß als Ortsgruppe von FUSS e.V. ein.
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